Freitag, 12. August 2016

Robert Spaemann: Das größte Problem ist die Ausrichtung des Altars

Die website "La paix liturgique" hat ein Interview von Pater Claude Barthe  mit Prof. Robert Spaemann über Probleme der Liturgie geführt, Rorate Caeli hat es ins Englische übersetzt und ebenfalls veröffentlicht.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"SPAEMANN: "DAS GRÖSSTE LITURGISCHE PROBLEM IST DIE ZELEBRATIONSRICHUNG " 
Spaemann "Das größte Problem ist die Ausrichtung des Altars." 
Der in Berlin geborene Professor emeritus für Philosophie der Universität München, Robert Spaemann ist Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben. Spezialist für das Denken von Fénelon und Autor sowohl einer wohlbekannten Kritik der politischen Utopie als auch zahlreicher moralischer Werke, er ist ein guter Freund von Papst Emeritus Benedikt XVI.
Ihm ist vor Kurzem wegen einiger sehr kritischen Kommentare zu Amoris Laetitia viel Aufmerksamkeit zuteil geworden.

Wir nutzen die Ferienzeit, um Ihnen seine Überlegungen zur Liturgie zu präsentieren, die er gegenüber Père Claude Barthe für das Buch "Reconstruire la liturgie" formulierte, das 1997 bei Francois-Xavier de Guibert veröffentlicht wurde, also 10 Jahre vor dem Motu Proprio Summorum Pontificum.
Hier befaßt er sich mit der Zelebrationsrichtung, einer Frage, die vor kurzem Thema einer klaren und starken Aussage von Kardinal Sarah war, der von Papst Franziskus zum Präfekten der Liturgiekongregation ernannt wurde,  auf die wir zurück kommen werden.

Pater Claude Barthe:  
"Sie haben oft die tiefe Unzufriedenheit von Katholiken wiedergegeben, die mit der neuen Form der ....unglücklich sind, Sie haben für viele von ihnen entscheidend dazu beigetragen, Liturgiepraxis in Deutschland heute wieder zu entdecken."

Robert Spaemann:
"Ich habe festgestellt, daß viele von denen, die mit der Situation unglücklich sind, der sie in ihren Pfarrgemeinden  begegnen, mit gemischten Gefühlen reagieren,wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, an der Traditionellen Messe teilzunehmen,
Man kann unter ihnen zwei Kategorien ausmachen:  die dieser Messe zum ersten mal in ihrem Leben teilnehmen und die die sie von Kindheit an kennen.
Die ersteren müssen mehrere male wiederkommen, um sich an die traditionelle Messe zu gewöhnen, weil sie ihnen zuerst wirklich merkwürdig vorkommte
, z.B.wegen des Lateins oder des leise rezitierten Kanons, aber wenn sie ausdauernd sind, finden sie heraus, daß sie nicht länger ohne sie auskommen, Ich hatte bei der Neuen Messe folgendes Erlebnis: sie schockierte mich nicht sonderlich, aber als die Jahre vergingen, wurde ich immer unzufriedener.
Bei der traditionellen Messe ist es genau umgekehrt.
Was ich aber noch viel beachtenswerter finde, sind die Reaktionen der älteren Menschen, die eine art Nostalgie nach der Alten Messe haben
Wenn sie eine Kirche betreten, in der die Alte Messe gefeiert wird, reagieren sie auf zwei Arten . Einige sind wie gebannt und weinen vor Freude, während die anderen  sich unwohl fühlen und sagen; Nein! Es ist nicht länger möglich, das zu tun,[....] Ihre Reaktion ist, sich selbst zu sagen:"Wie kann es sein, daß diese Leute fortfahren die traditionelle Messe zu feiern, während wir so einen Preis bezahlen mußten? Das war alles umsonst, wir hätten genau so gut so weitermachen können, wie sie es tun."
Und das wollen sie nicht akzeptieren. Weil sie den Preis bezahlen mußten, wollen sie, daß die Dinge sich für alle verändern.




Nachdem das gesagt ist, muß man zugeben, daß die traditionelle Messe in sich keine definitive Form hat. Sie ist durchlässig für bestimmte Wünsche, z.B. die Möglichkeit hin und wieder im Laufe des Lebens die Hl. Kommunion  in beiderlei Gestalt zu empfangen. Das entspricht dem, was unser Herr wollte,"

"Was würden Sie als Startpunkt  vorschlagen, um die liturgischen Erfahrungen des gewöhnlichen Gemeindemitgliedes  zu modifizieren?"

"Ich glaube, daß das größte Problem ist die Zelebration versus populum. Die Messe zu den Menschen hin ändert das, wie wir die Zeremonie erleben, von Grund auf. Wir wissen,-besonders durch die Schriften von Msgr. Klaus Gamber, daß es diese Form des Zelebrierens so nie in der Kirche gegeben hat. In der antiken Kirche hatte das eine völlig andere Bedeutung. Wenn der Priester heute die Menschen ansieht, bekommen wir den Eindruck, daß er die Gebete spricht, um uns beten zu lassen,
aber es sieht nicht so aus, als ob er selbst betet und tatsächlich gelingt es manchen Priestern, die Messe versus populum zu zelebrieren und sichtbar zu beten, Johannes Paul II kommt einem in den Sinn: man hatte nie den Eindruck, daß er während der Messe die Menschen ansprach Aber es ist sehr schwer zu erreichen.
Ich habe einmal an einer Fronleichnams-Prozession in der Diözese Feldkirch in Österreich teilgenommen, die ein Bischof leitete, der Opus Dei Mitglied ist. An den Stations-Altären drehte der Bischof der Monstranz beim Beten den Rücken zu. Ich sagte zu mir selbst: wenn das ein Kind sähe, könnte es nicht länger an die Präsenz des Herrn in der Hl. Hostie glauben, weil die Kleinen sehr genau wissen, daß wenn man zu jemandem spricht, man ihm nicht den Rücken zukehrt. Solche Dinge sind sehr wichtig. Es macht für das Kind keinen Sinn, den Katechismus zu studieren, wenn dem, was es lernt, vor seinen Augen widersprochen wird.
Deshalb glaube ich, daß das Erste, was man machen muß, ist, den Altar umzudrehen.
Mir scheint, daß das wichtiger ist, als zum Latein zurück zu kehren. Persönlich habe ich viele Gründe, das Latein zu schätzen, aber es nicht die fundamentalste Frage. Für meinen Teil würde ich die traditionelle Messe in deutscher Sprache einer Neuen Messe in Latein vorziehen."

"Sie sagten zu Beginn, daß die Traditionelle Liturgie in sich keine definitive Form hat. Sie könnte sich verändert haben und sich immer noch ändern."

"Die Veränderungen müssen so vorsichtig und nicht wahrnehmbar sein, daß ein alter Mensch am Ende seines Lebens den Eindruck hat, immer noch dem selben Ritus zu folgen wie in seiner Kindheit, sogar wenn der Ritus sich tatsächlich verändert hat. Ich weiß nicht, ob Sie den Brief von Kardinal
Newman kennen, in dem er von seiner ersten Reise nach Italien erzählt.
Er hatte die Kathedrale von Mailand betreten und war von der Zahl der Zeremonien verblüfft, die gleichzeitig stattfanden: ein kleine Prozession auf der einen Seiten, an den Seitenaltären wurden Messen gelesen, Kanoniker rezitierten im Chor das Göttliche Opfer, Man bekam den Eindruck, daß jeder seiner eigenen Beschäftigung nachgin , aber letztendlich war alles ein Teil der selben Sache.
Newman war schockiert von dieser Art Pluralität weil der Protetantische Einfluss in England so stark war, daß alle zur gleichen Zeit das Gleiche tun mußten."
" Katholische Freiheit! Sind sie deswegen für verschiedene Methoden der Partizipation?"

"Ich glaube wirklich an die Wichtigkeit dessen, daß es verschiedene Arten gibt, an der Messe teilzunehmen. Und zu allererst scheint es mir ein Skandal zu sein, daß alle Gläubigen immer bei jeder Messe die Kommunion empfangen, weil es unmöglich ist, daß jeder sich immer im Stand der Gnade fühlt, und die richtige Verfassung, die Hl. Kommunion zu empfangen. Wenn das Thema der Protestantischen Praxis der Interkommunion mit uns diskutiert wird, spricht niemand je darüber,zur Beichte zu gehen. Natürlich kann eine Person während ihres ganzen Lebens im Stand der Gnade bleiben, aber man kann es nicht voraussetzen. Dennoch wird es nie diskutiert. Man sollte fähig sein,
der Messe beizuwohnen, ohne an der Kommunion teilzunehmen. Deshalb scheint mir persönlich, daß Personen, die sich selbst immer im Stande fühlen, die Hl. Kommunion zu empfangen, ab und zu
darauf verzichten sollten, z.B. einmal im Monat, um diese Abstinenz auch anderen zu ermöglichen.
Und wenn jemand zu mir sagen würde: "Ich muß unbedingt die Hl. Kommunion empfangen" würde ich ihm antworten : "Empfange sie Montag".
Die. die wirklich die Hl.Kommunion oft empfangen müssen, nehmen während der Woche an der Messe teil. Wenn sie während der Woche nicht in die Messe gehen, können sie nicht sagen, daß sie die Kommunion absolut brauchen.
Es muß möglich sein, mehr oder weniger an der Messe teilzunehmen. So haben Sie in der Nähe der Tür den Platz des Zöllners. Und dieser Platz sollte respektiert werden, ohne daß die Person die ihn innehat, verpflichtet ist, zu sprechen oder sogar dem was ins Mikrophon gesprochen wird zuzuhören.
Ich kannte ein junges nichtkatholisches Mädchen, die von der Kirche sehr angezogen war.
Aber wenn sie die Kirche betrat und die Mikrophone am Altar sah, wollte sie nicht länger eintauchen.

Sie sagte: "Wenn da ein Mikrophon ist,bedeutet es, daß es nicht ernst ist, weil Gott kein Mikrophon braucht, um mich zu hören." Es ist sehr wichtig, zu wissen, daß es Gott ist,den wir in der Kirche ansprechen,
Ja, es gibt einen Mangel an Freiheit in der aktuellen Liturgie und das ist-in der Tat- eine der Charakteristiken der heutigen Kirche ist."
Quelle: La paix liturgique, Pater C. Barthe, Robert Spaemann
  

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