Freitag, 13. April 2018

War Luther Autor der Bergoglio-Reformen?

So formuliert es jedenfalls Sandro Magister in seinem neuen Beitrag bei Settimo Cielo , in dem er dem italienischen Historiker der Universität Bergamo, Roberto Pertici, mit einer gründlichen Analyse der ersten fünf Jahre des Bergoglio-Pontifkates zu Wort kommen läßt.
Hier geht´s zum Original:   klicken


"BERGOGLIOS REFORM WURDE SCHON FRÜHER GESCHRIEBEN. VON MARTIN  LUTHER."

"Es ist viel geschrieben worden um die ersten fünf Jahre des Pontifikates von Franziskus und seine reale oder imaginäre "Revolution" zu würdigen.
Aber selten -wenn überhaupt-mit der Schärfe und so ausführlich wie in der hier veröffentlichten Analyse.

Ihr Autor, Roberto Pertici, 66,  ist Professor für Zeitgeschichte an der Univerität von Berganmo und konzentriert seine Studien auf die italienische Kultur im 19. und 20. Jahrhundert- unter besonderer Berücksichtigung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat.
Sein Essay wird erstmals  bei Settimo Cielo veröffentlicht.

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   "DAS ENDE DES "RÖMISCHEN KATHOLIZISMUS?" 

von Roberto Pertici

1. Zu diesem Zeitpunkt von Franziskus´Pontifikat kann man -glaube ich- glaubhaft behaupten, daß es die Dämmerung jener historischen Reaalität markiert, die man als "Römischen Katholizismus" definieren kann.

Das bedeutet richtig verstanden nicht, daß es mit der Katholischen Kirche zuende geht,, sondern mit der Art, wie sie sich selbst in den vergangenen Jahrhunderten strukturiert und präsentiert hat.

Mir scheint offensichtlich zu sein, daß das der Plan ist, dem der "brain trust" der sich um Franziskus gesammelt hat vorsätzlich verfolgt wird: ein Plan, den man sowohl als extreme Antwort auf die Krise im Verhältnis zwischen der Kirche und der modernen Welt als auch als Vorbedingung für einen erneuerten ökumenischen Kurs gemeinsam mit den anderen Christlichen Konfessionen, besonders der Protestantischen,verstehen muß.

2. Unter "Römischer Katholizismus" verstehe ich dieses große historische, theologische und juristische Gebilde, das seine Ursprünge in der Hellenisierung (in philosophischer Hinsicht) und der Romanisierung (in politisch-juristicher Hinsicht) des frühen Christentums, das auf dem Primat der Nachfolger Petri beruht und aus der Krise der spätantiken Welt und der theoretischen  Systematisierung im gregoranischen Zeitalter (Dictatus Papae) beruht.





Während der folgenden Jahrhunderte hat die Kirche auch ihr eigenes, internes Rechtssystem geschaffen, das Kanonische Recht, das das Römische Recht zum Modell genommen hat.+
Und dieses Rechtssystem hat dazu beigetragen schrittweise eine komplexe hierarchische Organisation mit präzisen innern Regeln zu formen, die das Leben sowohl der "Bürokratie der Zölibatäre" (ein Ausdruck von Carl Schmitt), das in der Lage ist, es zu regeln als auch eines Laientums, das Teil davon ist.
Der andere entscheidende Beitrag zur Formung des "Römischen Katholizismus" war schließlich die vom Konzil von Trient ausgearbeitete Ekklesiologie, die die kirchliche Vermittlung im Hinblick auf die Erlösung wiederherstellte, im Gegensatz zu den Thesen Luthers vom "universalen Priestertum" - und auf diese Weise den hierarchischen, einigen znd zentralisierten Charakter der Kirche etabliert hat, deren Recht Standpunkte zu überprüfen und -wenn nötig- zu verurteilen, wen sie im Widerspruch zu den orthodoxen Formulierungen der Glaubenswahrheit stehen und ihre Rolle in der Spendung der Sakramente.

Diese Ekklesiologie wird durch das Dogma der vom I. Vaticanischen Konul verkündeten päpstlichen Unfehlbarkeit besiegelt, das 80 Jahre später bei der dogmatischen Anerkennung der Himmelfahrt Mariens  (1950) auf die Probe gestellt wurde, die gemeinsam mit der vorangegangenen dogmatischen Verkündung der Unbefleckten Empfängnis (1854) auch auf die Zentralität der Marienverehrung zurückgreift.

Es wäre jedoch vereinfachend, wenn wir uns selbst auf  das beschränken würden, was bisher gesagt worden ist. Weil es auch ein weit verbreitete "Katholischen Denken" gibt, oder besser gab, das aus Folgendem besteht:

- einer kulturellen Haltung die im Hinblick auf die menschliche Natur auf Realismus basiert und die manchmal desillusioniert und willens ist "alles zu verstehen"  als Vorbedingung für ein "alles verzeihen",

- eine nicht-asketische Spiritutalität, die gewissen materielelen Aspekten des Lebens gegenüber Verständnis hat ind nicht dazu neigt, sie zu verachten,

- ein Engagement in der Alltagsbarmherzigkeit gegenüber den Niedrigen und Bedürftigen, ohne sie idealisieren oder Idole aus ihnen machen zu müssen;

-den Willen sich selbst auch in der eigenen Größe darzustellen und deshalb nicht taub gegenüber den Erzeugnissen der Schönheit und der Kunst- als Zeugnissen der obersten Schönhheit, der der Christ zustreben soll,

-die subtile Prüfung der innersten Bewegungen des Herzens, des inneren Kampfes zwischen Gut und Böse, der Dialektik zwischen "Versuchungen" und der Antwort des Gewissens.

Man könnte also sagen, daß in das, was ich "Römischer Katholizismus" nenne, drei Aspekte  eingewoben sind, offensichtlich zusätzlich zu dem der Religion: der ästhetische, der rechtliche und der politische. Das ist eine Sache der rationalen Betrachtung der Welt, die sich selbst zu einer sichtbaren und soliden Institutio macht und auf fatale Weise mit der Idee der Repräsentationin Konflikt gerat-, die mit der Moderne aufkam, basierend auf Inividualismus und einer Wahrnehmung von Macht, die von unten kommend, das Prinzip der Autorität in Frage stellt.

3. Dieser Konflikt ist von denen auf verschiedene Arten -oftmals sich widersprechenden-die ihn analysiert haben. Carl Schmitt blickte mit Bewunderung auf den "Widerstand" des "Römischen Katholizismus" und sah ihn als letzte Kraft an, die der Lage ist, die zerstreuenden Kräfte der Moderne zu zügeln. Andere haben dern Kampf der Katholischen Kirche massiv kritisiert, weil sie ihre juristisch-hierarchischen, autoritären äuerlichen Züge auf zerstörereische Weise überbetont habe.

Über diese sich widersprechenden Bewertungen hinaus, ist die "Römische Kirche" in den letzten Jahrhunderten sicher in die Defensive gedrängt worden. Was hat ihre soziale Präsenz schrittweise in Frage gestellt hat, war vor allem die Entstehung der industriellen Gesellschaft und der folgende Modernisierungsprozess, der zu einer Reihe von anthropologischen Mutationen führte, die noch im Gange sind. Fast so als sei die "Römische Kirche" für eine agrarische, hierarchische, statische Gesellschaft "organisch" sei (um es auf die alte marxistische Weise zu sagen), die auf Mangel und Angst beruhte und deshalb in einer Gesellschaft die offen, dynamisch und durch soziale Mobilität gekennzeichnet ist, keine Bedeutung finden konnte.

Eine erste Antwort auf diese Situation wurde vom II.Ökumenischen Vaticanischen Konzil (1962-196) gegeben, das nach den Plänen Papst Johannes XXIII, der es plante, ein pastorales "up-dating" bewirken und mit neuem Optimismus auf die moderne Welt schauen sollte, was im Endeffekt bedeutete, die Vorsicht fallen zu lassen, nicht länger mit dem jahrhundertelalten Duell fortzufahren sondern einen Dialog u eröffnen und eine Begegnung zu bewirken.

Die Welt wurde in jenen Jahren durch außerordenliche Veränderungen und in einer präzedenzlosen iwrtschaftlichen Entwicklung durchweht, der wahrscheinlich sensationellsten, schnellstn und tiefgreifendsten Revolution der menschlichen Bedingungen, die man in der Geschichte finden kann (Eric J. Hobshawn). Das Ereignis des Konzils hat zu dieser Mutation beigetragen, wurde aber auf seine Weise von ihr verschlungen: der Rhythmus der "Updatings" -auch von den schwindelerregenden Veränderungen in der Umwelt und durch eine allgemeine Überzeugung - besungen von Bob Dylan mit dem Lied "the times the are a-changin" - angetrieben- geriet für die Hierarchie aus der Hand, oder zumindest des Teils von ihr, der eine Reform und nicht eine Revolution  wollte.

So wurden wir zwischen 1967 und 1968 Zeugen der "Wasserscheide" Papst Pauls VI, die sich selbst in der besorgten Analyse der Turbulenzen der 68-er und dann der "sexuellen Revolution" in der Enzyklika "Humanae Vitae" vom Juli 1968 ausdrückte. So groß war der Pessimismus, zu dem dieser große Papst in den 70-ger Jahren kam, daß er sich bei einer Unterhaltung mit dem Philosophen Jean Guitton fragte, und dabei eine beunruhigende Passage aus dem Lukas-Evangelium wiederholte "Wenn der Menschensohn wiederkommen wird,  wird er dann noch Glauben auf der Erde vorfinden?"  Und er fügte hinzu, "Was mich trifft, wenn ich die Katholische Welt betrachte, ist, daß es innerhalb des Katholizismus manchmal eine Art des Denkens vorherrscht, das nicht katholisch ist und es könnte passieren, daß dieses nicht-katholische Denken innerhalb des Katholizismus morgen die Oberhand gewinnen könnte."

4. Es ist bekannt, wie die Nachfolger Pauls VI auf diese Situation antworteten: indem sie bei gewissen Fragen- Veränderungen und Kontinuität kombinierten, die angemessenen Korrekturen durchführten (erinnerungswürdig ist unter diesem Gesichtspunkt die Verdammung der "Befreiungstheologie") und indem sie den Dialog mit der Moderne suchten, der gleichzeitig eine Herausforderung darstellte: bei den Themen des Lebens. der Vernunft des Menschen und der Religionsfreiheit.

Benedikt XVI nahm dann- in dem was der wahre agenda-bestimmende Text seines Pontifikates war (seine Rede vom 22. Dezember 2005 an die Kurie) einen Fixpunkt wieder auf: daß die großen Entscheidungen des II.Vaticanischen Konzils im Licht der vorhergegangenen Tradition der Kirche gelesen und interpretiert werden müßten, und deshalb auch in der Ekklesiologie, die aus dem Konzil von Trient und dem II. Vaticanum hervorging. Sogar aus dem einfachen Grund, daß man den Glauben, der von vielen Generationen geglaubt und gelebt wurde nicht formal widerrufen kann, ohne der Selbstdarstellung und weitverbeitete Wahrnehmung einer Institution wie der Katholische Kirche  eine unheilbare Wunde zuzufügen.

Es ist auch bekannt, wie dieser Standpunkt nicht nur "extra ecclesiam" auf breiter Basis verworfen wurde, was sich in den Medien und intellektuellen Kreisen in Aggressionen gegen Benedikt XVI manifestierte, die in der Kirchenwelt absolut präzendenzlos waren - und auch im Körper der Kirche, der diesen Papst in den kritischsten Augenblicken seines Pontifikates allein ließ. Das führte- wie ich glaube- zu seinem Rücktritt im Februar 2013, der- abgesehen von beruhigenden Interprettionen-ein epochales Ereignis zu sein scheint, und dessen Gründe und Lnagzeitauswirkungen noch erforscht werden müssen.

Fortsetzung folgt.....

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister, Roberto Pertici

2 Kommentare:

  1. Das hat Luther nicht verdient, der war katholischer, als jener Mann in Rom.

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  2. naja vielleicht am Anfang.....;-)

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